
Weiblichkeit, zwischen zwei Welten
von Markus Lippeck
·
Was bedeutet Weiblichkeit? Ist sie eine Rolle, die uns auferlegt wird, oder eine Kraft, die sich jenseits von Konventionen entfaltet? Ist sie Licht oder Schmerz, Schöpfung oder Rebellion? Diese Fragen ziehen sich durch die Ausstellung „Weiblichkeit“, die vom 16. Mai bis zum 6. Juli 2025 in der Galerie SCHLUH in Worpswede zu sehen ist.
Drei Künstler:innen – Anna Schill, Julia Pugacheva und Markus Lippeck – nähern sich diesem Thema mit Malerei, Grafik, Skulpturen und einer raumfüllenden Installation. Ihre Werke erzählen von Transformation, Intuition und Identität. Begleitend zur Ausstellung erscheint das Buch „Zwischen zwei Welten“ von Anna Schill – eine Sammlung von Essays, die Weiblichkeit aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchtet.
Einer der zentralen Texte dieses Buches, „Frauen aus Licht und Schmerz gewebt“, ist mehr als eine Reflexion über Frauen in der Kunst. Es ist eine emotionale Reise durch Generationen von Künstlerinnen, durch ihre Kämpfe und Triumphe, ihre stille, oft unsichtbare Kraft. Mit eindringlichen Bildern erzählt dieser Text von Frauen, die nicht nur Musen waren, sondern Schöpferinnen, von denen viele erst nach ihrem Tod Anerkennung fanden.
Wir laden Sie ein, diesen Text zu entdecken – als Vorgeschmack auf die Ausstellung und als Einladung, das Buch „Zwischen zwei Welten“ zu lesen. Lassen Sie sich berühren von Geschichten, die die Essenz der Weiblichkeit in ihrer ganzen Tiefe einfangen.
📅 Vernissage und Eröffnungsprogramm: 16. Mai 2025, ab 17:00 Uhr
📍 Ort: Galerie SCHLUH, Im Schluh 71, 27726 Worpswede
🕰 Öffnungszeiten: Freitag – Sonntag, 11:00 – 18:00 Uhr
Tauchen Sie ein in diese künstlerische Auseinandersetzung mit Weiblichkeit – in Wort, Bild und Raum.
Ich liebe es, Frauen zu malen. Echte, nackte, wunderschöne Frauen. Nicht jene, deren Körper sich an Normen orientieren oder den Erwartungen anderer unterordnen, sondern solche, die selbst entscheiden, was sie mit ihrem Körper tun möchten: ihn entblößen oder verhüllen, schmücken oder natürlich lassen. In jeder Arbeit sammele ich ihre Geschichten wie komplizierte chemische Formeln: ein Teil Schmerz, zwei Teile Freiheit, eine Prise Zweifel, ein Tropfen unbändiger Freude und ein halbes Kilo Geduld. Es ist, als würde ich ein Mosaik aus hunderten Fragmenten zusammensetzen: Fetzen von Emotionen, Erlebnissen und Erinnerungen verschmelzen zu einem Ganzen, damit die Frau sich nicht durch die Augen der Gesellschaft sieht, sondern durch ihre eigenen.
Die Verbindung zu Frauen in der Kunst ist für mich wie ein elektrischer Stromkreis, als wären wir Nervenzellen, die durch unsichtbare Fäden miteinander verbunden sind. Wir fühlen einander über Milliarden Minuten und durch die schwere Erde, die die Vergangenen
wie Signale, die durch das Myzel übertragen werden: fast unsichtbar, aber doch spürbar. In den Genen jeder von uns lebt die Erinnerung an alle unsere Vorgängerinnen. Ihr Erleben, ihre leise Präsenz flüstern uns zu: „Du bist nicht allein.“
Frida Kahlo kämpfte mit ihrer Palette wie mit einer Waffe gegen den Schmerz, der ihren Körper zerriss. Paula Modersohn-Becker hinterließ ihre Gemälde, um der Welt zu zeigen: Die Künstlerin existiert, trotz aller „Das geht nicht“. Tatjana Jablonskaja sprach mit der Stimme der Frau, die ununterbrochen um Anerkennung kämpft. Jeder ihrer Pinselstriche, jedes Wort war ein Akt des Widerstands und der Liebe. Wenn ich auf ihr Leben blicke, spüre ich manchmal eine seltsame, beinahe tierische Wut: Ich möchte jeden Mann vernichten, der ihren Weg erschwert hat. Doch gleichzeitig wird mir klar: Ihre Kunst, ihr Kampf um ihren Platz in der Welt haben sie unsterblich gemacht.
Ich habe immer Dichterinnen bewundert. Achmatowa, Zwetajewa – ihre Verse schienen mir die Verkörperung einer edlen Tragödie zu sein, in der jedes Wort wie ein Messer die Bilder ihres Leidens schnitt. Damals wusste ich nicht, wie viel Schmerz sich hinter diesen Gedichten verbarg, wie seelische Wunden in poetische Meisterwerke verwandelt wurden. Heute sehe ich das anders. Ich weiß, dass Zwetajewa seelisch krank war, wie viele Dichter des Silbernen Zeitalters, dass hinter ihrer Inspiration stummes Alleinsein lag. Dennoch liebe ich die Poesie dieser Zeit bis heute. Jemand sagte einmal: „Man sollte die Persönlichkeit nicht mit ihrem Schaffen verwechseln.“
In der Literatur fand ich mich selbst im Bild von Anna Karenina wieder. Besonders in den Tagen, als ich durch die Scheidung ging. Es schien, als hätte Tolstoi mich beobachtet, meine Gefühle, Zweifel und Ängste seziert. Für mich wurde dieses Buch zur Therapie: Ich durchlebte meinen Schmerz durch seine Seiten, wie Anna ihren erlebte.
Das Bild der Frau in der Kunst war niemals statisch. In der Antike war sie die große Mutter, die alles in sich vereinte, von dem das Leben abhing. Im Mittelalter wurde ihre Schönheit zu einer schmerzlichen, bleichen Maske, wie ein Beweis ihres Leidens. Die Renaissance schenkte ihr Harmonie der Formen, hielt sie